Spätantike und mittelalterliche Klöster und Pilgerheiligtümer in Ägypten

In Deir el-Bachit und beim Epiphaniuskloster in Theben-West / Oberägypten zeichnet sich ab, dass die Verehrung von Lokalheiligen zur Gründung eines koinobitischen Klosters oder einer Laura geführt hat.

In diesem Projekt werden mehrere ägyptische Klosteranlagen, die nachweislich zugleich Pilgerheiligtümer waren, untersucht. Im Zentrum steht dabei das Kloster Deir el-Bachît in Theben-West, das sich nachweislich aus der erst im Jahr 2010 von Dr. Thomas Beckh entdeckten Eremitage eines wohl seit dem 5. Jh. dort lebenden Einsiedlers mit Namen Paulos entwickelt hat. Dieser Einsiedler wurde offenbar von zahlreichen Gästen besucht, die ihre Namen als Graffiti in den Verputz seiner als Eremitage genutzten Felshöhle geritzt haben. Die fortdauernde Verehrung des Eremiten auch über seinen Tod hinaus führte wahrscheinlich zur Gründung eines koinobitischen Klosters – d. h. eines Klosters, in dem die Mönche gemeinschaftlich lebten. Die Mönche scheinen den Pilgerbetrieb rund um die Verehrung des Hl. Paulos organisiert und gelenkt zu haben, jedoch ist über das Ausmaß der Rolle des Klosters als lokales, regionales oder sogar überregionales Pilgerheiligtum noch keine klare Aussage möglich.

Die übrigen Klöster auf der thebanischen Westseite, wie z. B. das Epiphaniuskloster, das ebenfalls von Pilgern aufgesucht worden ist, stehen im Fokus der Untersuchung. Hierbei handelt es sich mit Ausnahme des vollständig abgeräumten Phoibammonklosters, das sich einstmals auf der mittleren Terrasse des Hatschepsuttempels befand, um sog. Lauren, also lockere Zusammenschlüsse von Eremiten, die allein lebten, sich aber mit gleichgesinnten Eremiten sonntags in einer gemeinsamen Kirche trafen. Auch hier gibt es Hinweise auf Pilgerkulte, die sich in gleicher Weise wie im Falle des Hl. Paulos vor allem um besonders verdiente heilige Männer entwickelt haben. Insgesamt scheinen sich die großen regionalen Pilgerheiligtümer vor allem im Nildelta, in der Nähe zu Alexandria etabliert zu haben, während das Niltal und Oberägypten vor allem gehäuft regionale Pilgerzentren hervorgebracht zu haben scheinen. Damit zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab wie in Palästina in spätantiker Zeit, wo große Pilgerheiligtümer und -klöster in unmittelbarer Nähe zu Jerusalem lagen.