Geprägte Gelübde – Untersuchungen zu den Votaprägungen anlässlich der Regierungsjubiläen der römischen Kaiser von Antoninus Pius bis Iustinianus I. (138 bis 565 n. Chr.)

Die Reichsrömische Münzprägung bewiesen durchwegs einen immensen thematischen Facettenreichtum, der sich in unzähligen Münzbildern von Göttern, Heroen, Personifikationen und szenischen Darstellungen etc. widerspiegelt. Eine vergleichsweise kleine Gruppe aus dem bildlichen Facettenreichtum stellen die vota publica-Gepräge dar, die feierliche Gelöbnisse im öffentlichen Raum zu unterschiedlichsten Anlässen darstellen, wie bsw. Hochzeiten, Adoptionen, die Hoffnung auf Gesundung in Krankheitsfällen oder eben auch Regierungsjubiläen. Mit geschätzten 80% machen letztgenannte den thematisch größten Teil der Votaprägungen aus und bilden daher den Schwerpunkt dieser Dissertation.

Die ersten Votagepräge, die aufgrund ihrer Legendenangabe als solche zu identifizieren sind, setzen bereits unter Augustus (bspw. RIC I² 146-148) ein. Sie nehmen allerdings keinen Bezug auf etwaige Regierungsjubiläen, auch wenn Cassius Dio berichtet, dass deren Ursprung durchaus in augusteischer Zeit anzusiedeln ist. Thematisch scheint hierbei insbesondere Augustus Auszug nach Gallien relevant gewesen zu sein. Darauf sind erst wieder unter Traianus (RIC II 371-374) Prägungen belegt, die aufgrund der Legende eindeutig Bezug auf votanehmen. Unter Antoninus Pius werden schließlich auch die Regierungsjubiläen explizit in der Legende genannt. Votaprägungen anlässlich solcher sind von nun an konstant bis in die frühbyzantinische Zeit zu beobachten und bilden in der Folge einen eigenständigen Entwicklungsstrang innerhalb der Münzprägung. Ab dem dritten Jahrhundert setzt langsam eine eigendynamische Entwicklung der Münzen zu den Regierungsvota ein, die eine sukzessive Loslösung von den eigentlichen Jubiläen mit sich zieht. Mit dem Beginn der Tetrarchie verstärkt sich diese Tendenz zunehmend bis diese Entwicklung schließlich bis zum Ende der constantinischen Dynastie vollständig abgeschlossen zu sein scheint. Danach werden die Votagepräge bis zum Ende ihres Vorkommens zu rein repräsentativen Zwecken nur noch allgemein als Symbol der Sieghaftigkeit des Kaisers und dessen Regierungsstabilität verwendet.

Zwar waren die Regierungsjubiläen der römischen Kaiser im Allgemeinen immer wieder Gegenstand aller Disziplinen der altertumswissenschaftlichen Forschungen, allerdings lag hier der Fokus in der Regel auf deren Datierungspotential. Leider weisen viele Untersuchungen hierzu aus numismatischer Sicht das methodische Desiderat einer fehlenden Prägekontextualisierung auf. Denn die Münze wurde nicht um des repräsentativen Zweckes Willen hergestellt, wie beispielsweise ein Staatsrelief, sondern erfuhr nur aufgrund dessen ihre Gestaltung. Um deshalb Fehlinterpretationen und -datierungen zu vermeiden, ist die Einbettung eines jeden Münztyps, und somit auch der Votaprägungen, in den Kontext des Prägesystems (Emissionsordnung) unabdingbar.

Darüber hinaus stellt die vollständig fehlende Untersuchung der Bildtypologie und ihre Entwicklungslinien das größte Desiderat dar. Dabei bietet gerade diese aufgrund der langen Kontinuität der Votagepräge ein besonders hohes Potential für weitere Forschungen bezüglich des Herrscherselbstverständnisses in der römischen Kaiserzeit und ihre Entwicklung. Die Regierungsjubiläen scheinen nun typologische fest mit der Sieghaftigkeit des Kaisers in Verbindung zu stehen. Diese Entwicklung soll in meiner Dissertation genau untersucht werden um Rückschlüsse auf die Entwicklung der Bildsymbolik zu den Begrifflichkeiten „Sieg“ und „Ruhm".

Aus den vorgestellten Desideraten und Fragestellungen lassen sich somit die Methoden und Ziele meiner Dissertation ableiten. Im Mittelpunkt der Arbeit steht das numismatische Material, das in erster Linie gesammelt und nach text-und bildanalytischen Methoden analysiert werden soll. Im Fokus wird dabei die Herausarbeitung bildtypologischer Entwicklungslinien stehen. Ebenso soll ein semiotischer Zugang erprobt werden, der sich hervorragend auf den numismatischen Bildträger übertragen lassen. Als weitere unersetzliche Methode soll eine möglichst genaue Kontextualisierung der Typen in das jeweilige Prägesystem erfolgen, um fehlerhafte Interpretationen zu vermeiden. Des Weiteren soll das numismatische Material mit anderern altertumswissenschaftlichen Objektgattungen (schriftliche Quellen, Epigraphik, Papyrologie und archäologische Objekte wie z. B. Reliefs) in Kontext gesetzt werden.

Das vorrangige Ziel des Dissertationsprojekts ist das Bestreben, eine umfassende Arbeit zu den Votaprägungen anlässlich der Regierungsjubiläen zu verfassen, die sich den Votaprägungen als eigenes kulturhistorisches Gesamtphänomen widmet. Es sollen bildtypologische und historische Entwicklungslinien herausgearbeitet werden, um ebenso einen Einblick in das Selbstverständnis der Herrscher von Augustus bis Iustinianus I. zu erlangen. Gleichzeitig bieten die Votaprägungen dabei auch einen Einblick in die für den Kaiser bedeutsamen Siegestopoi und ihre Symbolkraft. Das große Potential der Votaprägungen liegt bei weitem nicht nur bei ihren Datierungsmöglichkeiten, sondern insbesondere an ihrer sechs Jahrhunderte langen kontinuierlichen Ausprägungen, wie es fast keine andere numismatische Typengruppe geschweige denn ein anderes historisches Medium oder archäologische Objektgattung vorweisen kann. Dies gewährt uns die Möglichkeit, ein kulturhistorisches Verständnis für die römische Kaiser-und frühe byzantinische Zeit zu entwickeln, das uns ansonsten verwehrt blieb.

 

Betreuung:

Univ.-Prof. Dr. Heide Frielinghaus

Univ.-Prof. Dr. Marietta Horster

Unterstützung

DFG (GRK 2304)