Gerechtigkeit als konzeptuelle Legitimationsressource in der Propaganda der Kreuzzüge

Die geplante Dissertation will die Bedeutung der Theorie des Gerechten Krieges (bellum iustum) für die Kreuzzugsbewegung des 11. und 12. Jahrhunderts kritisch prüfen und konkretisieren sowie ihren Stellenwert im Vergleich zu anderen Motiven und Rechtfertigungsstrategien genauer bestimmen. Dabei ist zu klären, welche Rolle ein durch den Kirchenvater Augustinus geprägter Begriff von Gerechtigkeit bzw. dessen Lehre des Gerechten Krieges für die Legitimierung der Kreuzzüge gespielt haben.

Die mittelalterliche Tradition der von Augustinus geprägten Vorstellung vom Gerechten Krieg bietet hierbei zunächst zwei Anknüpfungspunkte für eine Konkretisierung im Kreuzzugsdiskurs: Zum einen ist zu fragen, inwieweit die Vorstellung von Jerusalem und dem Heiligen Land als Gotteseigentum innerhalb des Diskurses als Motiv eines gerechten Krieges wirksam ist. Zum anderen soll auf unterschiedlichen Diskursebenen untersucht werden, inwiefern sich die Päpste, in Bezug auf die Kreuzzüge ins Heilige Land des 11. und 12. Jahrhunderts als legitime Kriegsherren im Sinne eines „gerechten“ Krieges verstanden und inszenierten. In dieser Perspektive soll konkreter bestimmt werden, inwieweit der Kreuzzug als vom Papst autorisierter gerechter Krieg Rückwirkungen auf die Legitimation und Akzeptanz der päpstlichen Autorität hatte.

Hierzu werden insbesondere Zeugnisse der päpstlichen Propaganda und deren Rezeption herangezogen, um darin enthaltene Legitimationsstrategien zu untersuchen. Das für die Analyse herangezogene Material umfasst daher vor allem Urkunden und Briefe von Päpsten, Legaten und Kreuzzugsteilnehmern sowie historiografische Darstellungen. Es ist bei der Untersuchung dieser Quellen zu fragen, welche Rolle eine kollektivsymbolisch aufgeladene Konstruktion von Wirklichkeit für die Legitimation der Kreuzzüge spielt bzw. inwieweit umgekehrt durch die diskursive Rechtfertigung der Kreuzzüge eine solche Wirklichkeit konstruiert wurde. Unter Kollektivsymbolik wird dabei in Anschluss an Jürgen Link die „Gesamtheit der sogenannten ‚Bildlichkeit’ einer Kultur“[1] verstanden. So wird in der Arbeit also der Frage nachgegangen, inwieweit sich die Vorstellung vom gerechten Krieg auch in der Kollektivsymbolik des Kreuzzugsdiskurses wiederfinden lässt, und insofern Teil eines sogenannten synchronen Systems kollektiver Symbole ist. Daran anschließend soll auch die herrschafts- und machtlegitimierende Wirkung von binären Reduktionismen bzw. Binarismen wie insbesondere dem von „Gerecht“ und „Ungerecht“ in den Fokus genommen werden.

 

Betreuung:

Prof. Dr. Ludger Körntgen

Prof. Dr. Heike Grieser


[1] Jürgen Link: Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird, Opladen 1997, S. 25.

Unterstützung

DFG (GRK 2304)