Kriegsdarstellungen in frühneuzeitlichen Reiseberichten zum Osmanischen Reich

Die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 besiegelte nicht nur das endgültige Ende des Byzantinischen Reiches, sie löste darüber hinaus auch im Westen einen mentalen Schock bei den geistigen Eliten Europas aus. Die darauffolgenden militärischen Auseinandersetzungen mit dem Osmanischen Reich in Form der „Türkenkriege“ in Südost- und Mitteleuropa begünstigte die Entstehung eines spezifischeren Alteritätsdiskurses, der das europäische „Türkenbild“ für die folgenden Jahrhunderte nachhaltig prägen sollte. Unterbrochen wurden die Phasen des Krieges immer wieder von längeren Perioden des relativen Friedens und des diplomatischen Austauschs. Insbesondere die österreichischen Habsburger versuchten durch regelmäßige diplomatische Gesandtschaften nach Konstantinopel ihre defensive Position gegenüber den Osmanen zu sichern. Im Rahmen dieser diplomatischen Gesandtschaften entstanden ab Mitte des 16. Jahrhunderts eine Vielzahl von Reiseberichten, die umfangreiche Beschreibungen des Osmanischen Reiches enthalten. Dabei widmen die Autoren in ihren Berichten dem osmanischen Staatswesen und insbesondere dem Militärwesen sowie dem Thema ‚Krieg‘ im allgemeinen große Aufmerksamkeit. Das Promotionsprojekt hat sich zum Ziel gesetzt die Darstellung von Krieg und dessen Auswirkungen in diesen Reiseberichten eingehend zu untersuchen. Angefangen bei der Darstellung von Kriegswesen, Kriegsverläufen und Kriegsauswirkungen, über damit verbundene Legitimierung von Krieg und konkrete Handlungsanweisungen, bis hin zur religiösen Deutung der Türkenkriege. Herangezogen werden Berichten von Reisenden, die Konstantinopel auf dem Landweg über die Balkanhalbinsel erreichten. Der regionale Fokus der Betrachtung liegt somit auf dem Raum zwischen Wien und Konstantinopel, einem Kerngebiet des ehemaligen Byzantinischen Reiches. Die Biographien der Autoren sind divers in ihrer nationalen, konfessionellen und beruflichen Ausprägung, und ermöglichen so unterschiedliche Perspektiven. Dabei gilt es den diskursiven Blick der Autoren und ihrer Leserschaft nicht außer Acht zu lassen. Reiseberichte lassen sich sowohl als Quellen für Ausdrucksformen von (Kriegs-)Kultur, als auch als für Quellen europäischer Deutungsmuster lesen. Daher sollen die Quellenbefunde im breiteren Kontext der Türkengefahr diskursanalytisch eingeordnet werden. Ein besonderes Augenmerk des Forschungsprojektes soll dabei auf dem Diskurswandel der „Türkengefahr“ bis hin zum „Türkentriumpf“ zu Beginn des 18. Jahrhunderts liegen. Vorangegangene Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass dieses Vorgehen für die Genese der Türkengefahr im 15. Jahrhundert und ihrer Wirkung bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts durchaus fruchtbar ist. Für das späte 16. sowie das 17. Jahrhundert fehlen solche Forschungsansätze weitestgehend.

Betreuung:

Prof. Dr. Hans-Christian Maner

Jun.-Prof. Dr. Barbara Henning

Unterstützung

DFG (GRK 2304)