Recollecting Conflict: Descriptions of war in Early Medieval Italian Narratives

Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Art und Weise, wie narrative Quellen aus dem lombardischen und normannischen Süditalien Episoden der Kriegs- und Konfliktführung schildern. Diese Region ist geprägt von immer wiederkehrenden Konflikten zwischen den langobardischen Fürstentümern Benevento, Capua und Salerno, den Küstenherzogtümern Amalfi, Gaeta und Neapel sowie muslimischen Söldnern aus dem aghlabidischen Sizilien. Darüber hinaus versuchten auch die fränkischen/deutschen Kaiser, ihre byzantinischen Amtskollegen und die Päpste in Rom am südlichen Ende der Halbinsel (wieder) Fuß zu fassen. Diese Dynamik sollte sich nach der Ankunft der Normannen im elften Jahrhundert noch einmal ändern. All diese Faktoren trugen sowohl zu einer Vielzahl gewalttätiger Interaktionen als auch zur Entstehung von Erzählungen von Autoren bei, die die Ereignisse dieser turbulenten Zeiten zu interpretieren, zu verstehen und zu gestalten suchten.

Im Rahmen dieses Projekts werden diese Prozesse innerhalb verschiedener Erzählungen analysiert, indem die Darstellung der Autoren von spezifischen, in einem Kriegskontext zu verortenden Handlungen untersucht werden. Dabei ist die Analyse eines breiten Spektrums von Handlungen möglich, weil der Schwerpunkt auf der zuvor dargelegten, spezifischen Region liegt. Das Projekt wird sich mit Fragen befassen wie: Welche Botschaften lassen sich in den Quellen über die Verhaftung von Gefangenen, Belagerungen oder Reden vor der Schlacht finden? Inwiefern wird die Darstellung der Verliererseite mit der der Sieger verglichen? Wie drückt ein Autor aus, welche Seite in seinen Augen für die gerechte Sache kämpfte? Mit diesen Fragen knüpft das Projekt vor allem an jenes thematische Cluster des Graduiertenkollegs an, das sich mit der Konzeptualisierung von Personen und Gruppen befasst. Diese Darstellungen bieten auch indirekt die Möglichkeit, die Strategien der Legitimation, Rechtfertigung oder Anprangerung von Gewalt und Kriegführung zu kommentieren.

Fragen wie diese können jedoch nur nach einer kritischen Reflexion über den historischen Kontext der Quellen und durch eine sorgfältige Bestimmung der vom Autor beabsichtigten Ziele und intendierten Adressaten beantwortet werden. Eine zentrale Prämisse dieses Projekts ist die von Gabrielle Spiegel geprägte "social logic" der Texte. Spiegel zufolge sind Texte Produkte einer bestimmten sozialen Realität, und sie versuchen zugleich, genau diese zu beeinflussen. Um dies zu erreichen, muss ein Text von seiner vorgesehenen Leserschaft verstanden werden, um eine dauerhafte Wirkung zu entfalten. Mit anderen Worten, die soziale Logik beeinflusste und begrenzte den Handlungsspielraum mittelalterlicher Autoren, die versuchten, ihn für neue Kontexte zu verändern. Vor dem Hintergrund dieser methodischen Überlegungen zielt dieses Projekt letztlich darauf ab, das Verständnis der Kriegskulturen des mittelalterlichen Süditaliens zu fördern.

Betreuung:

Prof. Dr. Ludger Körntgen

Prof. Dr. Heike Grieser

Unterstützung

DFG (GRK 2304)