Der frühbyzantinische Silberhort in Karlsruhe
Zum Bestand des Badischen Landesmuseums Karlsruhe gehört seit 1993 ein sechsteiliger Hort von Silberobjekten des 6./7. Jahrhunderts, die aus dem Kunsthandel erworben wurden. Es handelt sich um ein Weihrauchgefäß, ein Kreuz, drei Kelche und einen Löffel, die sicher zu einem Kircheninventar gehörten. Nach typologischen, herstellungstechnischen, ikonographischen und epigraphischen Gesichtspunkten lässt sich der Fundkomplex an frühbyzantinische Funde insbesondere aus Syrien anschließen. Die sechs Objekte gehören in den Kontext der ab dem 5. Jh. aufkommenden und ab dem 6. Jh. zunehmend verbreiteten Praxis privater Weihungen bzw. Stiftungen von Kircheninventar.
Bei der grundlegenden Aufarbeitung des Komplexes im Rahmen des <link www.byzanz-mainz.de/forschung/a/article/spaetantike-und-byzanz-bestandskatalog-badisches-landesmuseum-karlsruhe/ - external-link-new-window "Opens external link in new window">Bestandskatalogs der spätantiken und byzantinischen Bestände des Badischen Landesmuseums</link> ergaben sich ausgehend von den griechischen Weihinschriften auf den Objekten weiterführende Fragen zum kulturgeschichtlichen Kontext, die einer Bearbeitung in einer separaten Studie bedurften.
Die Inschriften sind außergewöhnlich, da sie zwei Germanen bzw. Personen aus dem lateinischsprachigen Westen kommemorieren und ein Patrozinium des heiligen Konstantin bezeugen, wobei es sich offenbar um ein sehr frühes Zeugnis für die Heiligenverehrung des ersten christlichen Kaisers handelt. Die Untersuchung fragt nach dem Grund für die Migration von aus Westeuropa stammenden Individuen in den Großraum Syrien und deren prominenter Stellung in der Erinnerungskultur einer kleinen griechischsprachigen Gemeinschaft. Weiterhin steht die Frage nach der Bedeutung der exzeptionellen kultischen Verehrung Konstantins für die Identität der Gemeinschaft im Mittelpunkt.
verbundene Projekte
Spätantike und Byzanz. Bestandskatalog Badisches Landesmuseum Karlsruhe. Textilien
Publications
- B. Fourlas, Saint Constantine and the "army of heroic men" Raised by Tiberius II in 574/575: Some Thoughts on the Historical Significance of the Early Byzantine Silver Hoard at Karlsruhe. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 62, 2015 [ersch. 2020], 341-375. https://doi.org/10.11588/jrgzm.2015.1.77142
- B. Fourlas, Early Byzantine Church Silver Offered for the Eternal Rest of Framarich and Karilos: Evidence of “the Army of Heroic men” Raised by Tiberius II Constantine? In: S. Esders / Y. Fox / Y. Hen / L. Sarti (Hrsg.), East and West in the Early Middle Ages: The Merovingian Kingdoms in Mediterranean Perspective (Cambridge 2019) 87-107.
- Schallaburg Kunstbetriebsges. m.b.H. in Kooperation mit dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz (Hrsg.), Byzanz und der Westen. 1000 vergessene Jahre (Schallaburg 2018) 120-122 Nr. 87-89.
- B. Fourlas, Ein Komplex frühbyzantinischer Silberobjekte aus einer Kirche des heiligen Konstantin. In: F. Daim / B. Fourlas / K. Horst / V. Tsamakda (Hrsg.), Spätantike und Byzanz. Bestandskatalog Badisches Landesmuseum. Objekte aus Bein, Elfenbein, Glas, Keramik, Metall und Stein. BOO 8,1 (Mainz 2017) 145-161 Kat.-Nr. IV.115-IV.120. https://doi.org/10.11588/propylaeum.384
- Ch. Stiegemann / M. Kroker / W. Walter (Hrsg.), Credo. Die Christianisierung Europas im Mittelalter II (Petersberg 2013) 101 Kat.-Nr. 78 (B. Fourlas).