Krieg und Gewalt im Bild. Visuelle Zeugnisse byzantinischer Kriegskultur

Bilder von Krieg und Gewalt waren in Byzanz präsent, sie finden sich in großer Zahl auf unterschiedlichen Bildträgern in allen Materialgattungen. In der Forschung fand das Thema dagegen nur am Rande Beachtung, Kriegs- und Gewaltdarstellungen wurden bis jetzt lediglich als untergeordneter Aspekt und isoliert im Rahmen von Studien zu einzelnen Monumenten oder Objekten betrachtet. Somit stellt eine umfassende Bearbeitung des Gewaltthemas ein Desiderat dar, dessen Aufarbeitung das Ziel meines Dissertationsprojektes ist. Das Projekt ermöglicht die vergleichende Analyse von Bildtypen auf Objekten unterschiedlicher Materialgattungen aus verschiedenen Zeitstellungen und damit die Überwindung der im Fach oftmals bestehenden Trennlinie zwischen der spätantik frühbyzantinischen und der mittel- und spätbyzantinischen Epoche. In Teilen kann auf die theoretischen Grundlagen aus der Klassischen Archäologie zurückgegriffen werden, die sich intensiv seit mehr als zwei Jahrzehnten mit dem Thema auseinandergesetzt hat. (Fischer 2002; Muth 2008; Zimmermann 2009; Hölscher 2019) Aufgrund der Fülle des Materials liegt der Schwerpunkt der Betrachtung auf jenen Bildern, die die Anwendung von „Direkter Gewalt“ oder physischer Gewalt zeigen. Damit sind z.B. Mehrkampfszenen im Rahmen von Schlachten gemeint, wie sie auf den monumentalen Reliefsäulen Konstantinopels zu sehen waren, aber auch in Handschriften, wie dem Madrider Skylitzes oder dem Josua Rotulus. Weiterhin sind Darstellungen von Zweikämpfen zu nennen, ob historisch, biblisch oder mythisch. Um das Bild zu vervollständigen, müssen auch „verlorene Darstellungen von Gewalt“ in die Studie einbezogen werden. Diese, oft nur durch schriftliche Beschreibungen überlieferten Kriegsdarstellungen, etwa die Schlachten Bilder im Chalke-Tor oder die opulenten Gewaltdarstellungen in säkularen Wohnkontexten, sind hier zu nennen. Da die Klassische Archäologie bereits eine Fülle an Aufarbeitungen zu bieten hat, soll sich die Arbeit zunächst auf den Übergang zwischen spätantiker und früh-mittelbyzantinischer Kunst konzentrieren. Wo lassen sich Kontinuitäten, Brüche und Innovationen aufzeigen? Gibt es Formen der Kriegs- und Gewaltdarstellung, welche nur auf gewissen Objektgattungen auftreten, oder zu einem gewissen Zeitpunkt vermehrt zu beobachten sind? Auch eine vergleichende Auswertung der schriftlichen Quellen wird zwingend erforderlich sein. Wie wird Gewalt geschildert und wann wird sie als gerecht oder legitim angesehen? Basierend auf diesem Fragenkatalog soll untersucht werden, inwieweit die visuelle kriegerische Gewalt als historisches Zeugnis funktioniert und wie sie gegebenenfalls mit realen Gewalterfahrungen in der byzantinischen Gesellschaft zusammenhängt.

Betreuung
Prof Dr. Ute Verstegen
Prof. Dr. Johannes Pahlitzsch

Support

DFG (GRK 2304)