Africam defendere. Byzantinische Fortifikationen in der nordafrikanischen Region Thugga im 6. und 7. Jahrhundert

Nach der byzantinischen Rückeroberung Nordafrikas 533/34 unter Kaiser Justinian wurden die dortigen Provinzen reorganisiert und in das Oströmische Reich integriert. Neben einer neuen Provinzverwaltung, Renovierungs- und Kirchenbauprogrammen wurden auch eine Reihe neuer Festungen errichtet. Die wichtigsten Küstenstädte wurden bereits kurz nach dem Vandalenkrieg mit neuen Stadtmauern und Zitadellen versehen. Nach der Sicherung der Küstenregionen folgte die systematische Befestigung wichtiger Städte und Stützpunkte im urbanen Hinterland mit und die Errichtung neuer Forts abseits bestehender Siedlungen. Im Verlauf des 6. und 7. Jahrhunderts folgte der Bau kleinerer Türme und Festungen in weniger stark urbanisierten und ländlichen Regionen. Mit diesem Bauprogramm reagierte Konstantinopel auf die neuen politischen Realitäten, die die Vandalenherrschaft hinterlassen hatte. Die Grenzgebiete zu den berberischen Herrschaftsräumen im Süden oder Westen wiesen bereits unter der vandalischen Herrschaft Symptome einer Loslösung vom römischen Zentralstaat auf, die auch in byzantinischer Zeit weiter voranschritten. Der Wiedereingliederung in das Oströmische Reich folgten Jahrzehnte der Rebellionen und Aufstände durch vandalische, berberische und sogar byzantinische Truppen.

Eine monographische Auseinandersetzung mit den byzantinischen Festungen in Nordafrika erfolgte 1981 von Denys Pringle, der die meisten Bauwerke in einer überregionalen Perspektive untersuchte. Die fortified regions des spätantiken Nordafrikas dürfen allerdings nicht nur als Teil einer imperialen Verteidigungsstrategie erklärt werden, die auf die Abwehr von Einfällen und Invasionen abzielte. Ne-ben dieser imperialen müssen auch lokale und regionale Perspektiven einbezogen werden, die die Errichtung von Festungsbauten beeinflussten. Eine dezidiert regionale und landschaftsarchäologische Perspektive ist für eine Neubetrachtung dieses Forschungsgebietes essenziell und der innovative Ausgangspunkt der Dissertation. Die Landschaftsgenese der Region um Thugga im 6. und 7.
Jahrhundert bildet das zentrale Element des Forschungsvorhabens und folgt der Frage welchen Einfluss die Fortifikation und Transformation auf die lokale Bevölkerung hatten.

Die Dissertation untersucht auf Basis des Rus Africum Surveys von Marriette de Vos Raaijmakers und den bisherigen Ausgrabungen den urbanen Ballungsraum der Region Thugga im heutigen Nordtunesien. Das Untersuchungsgebiet umfasst eine Fläche von etwa 600 m2 mit ca. 176 Fundstellen, die in die Zeit zwischen 550 und 690 n. Chr. datiert werden können, darunter zwölf urbane Zentren, eine Reihe ländlicher Siedlungen und ca. 18 Befestigungsanlagen.

Die Surveyergebnisse verzeichnen deutlich mehr Defensivgebäude (Stadtmauern, Festungen, Wachtürme, befestige ländliche Höfe, etc.) als Pringle. Eine Autopsie dieser Kernregion, sowie der relevanten Festungsbauten vor Ort ist im Rahmen der Dissertation vorgesehen. Dabei sollen Festungen und andere fortifikatorische Bauten als integrale Bestandteile einer Landschaft untersucht werden. Neben einem dezidiert landschaftsarchäologischen Zugang erfolgt eine Auseinandersetzung mit den literarischen Quellen, um die byzantinischen Festungsbauten in Nordafrika in ihren zeitgenössischen Kontext verstehen zu können.

 

Betreuung:

Univ.-Prof. Dr. Marietta Horster

Prof. Dr. Ute Verstegen

Dr. Philipp Freiherr von Rummel

Unterstützung

DFG (GRK 2304)