Der Krieg der Fürsten und das Leiden der Mönche und der Bauern. Wahrnehmung von Kriegsfolgen und Konzeptualisierung von Akteuren und Betroffenen militärischer Konflikte in stauferzeitlichen Quellen

Krieg und Fehden waren im Mittelalter allgegenwärtig, und es dürfte kaum einen Erwachsenengegeben haben, der während seines Lebens nicht damit in Berührung kam. Denn neben den Kombattanten der eher seltenen offenen Schlachten waren viele Bevölkerungsgruppen von militärischer Gewalt betroffen. Mein Projekt befasst sich mit der stauferzeitlichen Historiographie des 12. Jahrhunderts aus dem Reich und den darin beschriebenen (Nicht)Anwendung von Gewalt gegen die unbewaffnete Bevölkerung.

Dabei soll über die Topoi und die Panegyrik der Kriegshistoriographie hinaus gefragt werden, ob bzw. inwieweit sich moralische Kategorien fassen lassen, die entweder die Darstellung und Beurteilung der Autoren oder Motive und Handeln der Akteure sowie die Wahrnehmung der Betroffenen leiteten. Autoren wie Otto von Freising oder Arnold von Lübeck schrieben vermeintlich durchweg positiv über ihre Schutzherren, doch lassen sich zwischen den Zeilen die moralischen Handlungsspielräume des Herrschers herauslesen, welche den Normenkatalog ihres jeweiligen Hofes widerspiegeln dürften. Wenn Herrscher und Heerführer gegen diesen Normenkatalog verstießen, wurde dies sanktioniert oder von Historiographen, teils offen, teils subtil, kritisiert. Hierfür ist ein genauer Blick auf die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Werkes obligatorisch, da nur so die Haltung des Autors zur beschriebenen gewaltanwendenden Person sowie den Opfern herausgearbeitet werden kann. Andersgläubige hatten sich ein Übermaß der Gewalt gegen sie selbst zuzuschreiben, während ihre eigene Brutalität als unmoralisch verteufelt wurde. Wann wurden die Opfer von Gewalt, die den gleichen Glauben hatten, in Schutz genommen und wann war Gewalt gegen diese gerechtfertigt, und wie wurde diese legitimiert? Gab es Vorstellungen regionaler oder nationaler Zugehörigkeit, welche eine Ausübung von Gewalt verstärkten? Wurde der Verzicht auf Gewalt im Rahmen des höfischen Normenkatalogs anerkennend wahrgenommen, oder als Schwäche ausgelegt? Wurde bei der Gewaltanwendung zwischen Männern und Frauen, Gläubigen und Ungläubigen, Kriegern, Klerikern und Schutzbedürftigen oder Unschuldigen unterschieden, oder ereilte alle das gleiche Schicksal? Auch die jeweilige Haltung zu Religion und Ethik wird von den Autoren unterschiedlich dargestellt und spielt für die Untersuchung eine Rolle.

Ziel der Arbeit ist eine umfassende Untersuchung der vorhandenen Quellen, um die Darstellungen der Gewalt in der stauferzeitlichen Historiographie des 12. Jahrhunderts zusammenzustellen und diskursanalytisch zu konzeptualisieren. Durch den eng gehaltenen Zeitraum sollen die unterschiedlichen Kontexte, in denen die Autoren schreiben, in den Hintergrund gerückt werden, um die Gemeinsamkeiten als Darstellungs- und Beurteilungsmuster der Historiographie herausarbeiten zu können.

 

Betreuung: Prof. Dr. Ludger Körntgen

Unterstützung

DFG (GRK 2304)