Der zypriotische Adel im 15. Jahrhundert: Kulturelle und religiöse Identitäten, gesellschaftliche Strukturen

Im 15. Jahrhundert befand sich die ehemals byzantinische Provinz Zypern seit ungefähr zweihundert Jahren unter der Herrschaft der Dynastie der Lusignan. Nach ihrer Eroberung durch Richard Löwenherz im Laufe des dritten Kreuzzuges hatten Guy de Lusignan und seine Nachfolger auf der Insel einen Feudalstaat nach westeuropäischem Muster aufgebaut, der bis zur Herrschaftsübernahme der Venezianer im Jahre 1474 Bestand haben sollte. Die Oberschicht dieses neuen Staates setzte sich aus Kreuzfahrerfamilien aus Westfrankreich und der Levante zusammen und orientierte sich zunächst am Aufbau und den Gesetzen des Heiligen Landes. Diese Gruppe trat in den folgenden Jahrhunderten in Kontakt mit der einheimischen byzantinisch-orthodoxen Bevölkerung der Insel, den dort lebenden syrischen Christen, Armeniern und italienischen Händlern.

Das Promotionsprojekt befasst sich mit den Veränderungen im Adel im 15. Jahrhundert, die sich aus den Kontakten mit den anderen Bevölkerungsgruppen, aber auch bestimmten politischen Ereignissen wie der Exilierung vieler Adeliger durch die Genuesen im Jahre 1374 ergaben. Wie veränderte sich die religiöse und kulturelle Identität des Adels, seine Struktur und Zusammensetzung? Gab es im 15. Jahrhundert infolge der verstärkten sozialen Mobilität viele griechisch-zypriotische Familien in der Aristokratie, oder war dies ein vereinzeltes Phänomen? Welche Machtzentren und (kulturellen) Untergruppen lassen sich im Adel ausmachen?

Diese Fragen werden in einem ersten Schritt im Rahmen einer Netzwerkanalyse untersucht, die die Kontakte zwischen Adeligen auf verschiedenen Ebenen aufnimmt und auf einer prosopographischen Datenbank basiert. In einem zweiten Schritt werden die kulturellen und religiösen Identitäten innerhalb des Adels analysiert. Wie definierte sich die Gruppe des Adels? Welche kollektiven und persönlichen Identitäten lassen sich ausmachen? Welchem Wertesystem folgte die Gruppe? Wie kann die religiöse Identität der Adeligen im Spannungsfeld zwischen der Zugehörigkeit zur katholischen Kirche und den Kontakten zu orthodoxen Klöstern und Kirchen beschrieben werden? Wie wichtig war die Konfession für die aristokratische Identität im 15. Jahrhundert? Diese Fragen werden für den Zeitraum zwischen 1374 und der Übernahme der Insel durch die Venezianer im Jahre 1474 untersucht. Auf diese Weise soll ein differenziertes Bild des zypriotischen Adels im 15. Jahrhundert entstehen.

Die Promotion wird im Rahmen eines Cotutelle-Vertrages von Herrn Prof. Dr. Johannes Pahlitzsch an der Gutenberg-Universität Mainz und von Herrn Prof. Dr. Alexander Beihammer an der University of Cyprus betreut.

Förderung

Leibniz-WissenschaftsCampus Mainz

Unterstützung

Leibniz-WissenschaftsCampus Mainz

Publikationen

  • M. Salzmann, Negotiating Power and Identities. Latin, Greek and Syrian Élites in Fifteenth-Century Cyprus. BOO 25 (Mainz 2021).
  • M. R. Salzmann, (Re)constructing Aristocratic Religous Identities in 15th Century Cyprus, in: F. Daim / C. Gastgeber /  D. Heher / C. Rapp (Hrsg.), Menschen, Bilder, Sprache, Dinge. Wege der Kommunikation zwischen Byzanz und dem Westen 2: Menschen und Worte, BOO 9,2 (Mainz 2018) 337-350.