Kriegführung und Resilienz im byzantinischen Anatolien, 600-750 n. Chr
Der Hauptteil des Projekts wird eine historische Rekonstruktion der Überfälle umfassen. Dies beinhaltet einen detaillierten Vergleich sowie eine quellenkritische Abwägung historischer Texte. Da diese Berichte häufig die historischen Ereignisse falsch datieren und ihre Auswirkungen übertreiben, hoffe der Projektleiter Alexander Sarantis zeigen zu können, dass die Invasionen nicht so regelmäßig und intensiv waren wie häufig von modernen Forschern angenommen. Seine Rekonstruktion der militärischen Ereignisse soll in einen geographischen und infrastrukturellen Kontext gesetzt werden, um zeitliche und räumliche Muster von Raubzügen herauszuarbeiten.
Der nächste Teil des Projekts wird zeigen, dass es nur wenige Korrelationen zwischen den Überfällen und der archäologischen Evidenz für langfristige ökonomische Rezession gibt. Stattdessen will Sarantis argumentieren, dass diese Longue durée-Entwicklungen in stärkerem Maße von allgemeinen politischen und sozio-ökonomischen Veränderungen im Byzantinischen Reich verursacht wurden. Allerdings ist einzuräumen, dass die Überfälle dennoch kurzfristige Zerstörungen und Beeinträchtigungen hervorriefen, die überwiegend in den archäologischen Zeugnissen nicht sichtbar sind.
Die Fähigkeit der anatolischen Gesellschaften sich von diesen traumatischen Ereignissen zu erholen wird im abschließenden Teil des Projekts dargelegt werden. Dieser wird zunächst aus einer Studie der schriftlichen Zeugnisse für die historischen, sozialen und kulturellen Hintergründe dieser Gesellschaften und ihrer verschiedenen Beziehungen mit den byzantinischen Autoritäten bestehen. Um die Anpassungsfähigkeit und das Überleben sowohl des Reiches als auch der Bevölkerung in den Provinzen zu erklären werden moderne Theorien zur Resilienz genutzt. Schließlich sollen Trends und Bedingungen in Anatolien mit denen in der Balkanregion verglichen werden, welche die zweite Kernregion des Reiches darstellt, die noch von der byzantinischen Regierung kontrolliert wurde. Dadurch werden die größeren ökonomischen Ressourcen und die tiefere Verwurzelung der regionalen Kulturen in Anatolien aufgezeigt. Die Ergebnisse des Projekts werden in einer Monographie, einer Datenbank zu den Raubzügen und in einem Sammelband mit den Ergebnissen eines Workshops publiziert.