Das Byzantinische Reich spielte bei der Entstehung des modernen Europa und des Vorderen Orient eine herausragende Rolle. Zwischen dem 4. und dem 12. Jahrhundert setzte diese Kultur in allen Lebensbereichen Maßstäbe und beeinflusste wesentlich die Nachbarstaaten. Damit bildete Byzanz eine Brücke von der Antike in die Neuzeit und gleichzeitig von Europa in den Orient. In Gestalt der orthodoxen Kirche ist das byzantinische Erbe in vielen Staaten bis heute präsent. Doch trotz ihrer historischen Bedeutung fristet die Erforschung der byzantinischen Geschichte und Kultur in Deutschland ein Nischendasein – obwohl das byzantinische Element vor dem Hintergrund des europäischen Einigungsprozesses ein neues Gewicht bekommt.
Etabliertes Zentrum für Byzanzforschung
Mit dem WissenschaftsCampus Mainz/Frankfurt wurde eine breite Plattform für interdisziplinäre Byzanzforschung institutionell etabliert. Beteiligt sind sämtliche Fächer, die zur Erforschung des Byzantinischen Reichs und seiner Kultur beitragen. Dadurch ermöglicht der Verbund themenorientierte, multidisziplinäre, historisch-kulturwissenschaftliche Forschung unter einem Dach und bewirkt durch einen gemeinsamen Auftritt der Byzanzforschung eine bessere Sichtbarkeit dieses Fachgebiets.
„Durch die engagierte Arbeit aller Beteiligten und mithilfe der langjährigen finanziellen Förderung der Leibniz-Gemeinschaft und der beteiligten Partner ist es uns gelungen, in den vergangenen 14 Jahren ein international anerkanntes Zentrum für interdisziplinäre Byzanzforschung im Rhein-Main-Gebiet aufzubauen. Die enge Zusammenarbeit verschiedenster Disziplinen hat wesentlich zu einem dringend benötigten Perspektivwechsel der Rolle von Byzanz als Mittler zwischen Orient und Okzident beigetragen,“ resümiert die Sprecherin des WissenschaftsCampus Byzanz und Generaldirektorin des LEIZA Univ.-Prof. Dr. Alexandra W. Busch.
Diesen Aspekt betont auch Univ.-Prof. Dr. Johannes Pahlitzsch von der JGU, Sprecher des Graduiertenkollegs „Byzanz und die euromediterranen Kriegskulturen“ und Mitglied des Vorstands des WissenschaftsCampus: „Die Erweiterung der Europäischen Union um Länder mit byzantinischem Kulturerbe, der immer noch von überholten Stereotypen geprägte westliche Blick auf das östliche Europa sowie die Präsenz von Menschen in Mittel- und Westeuropa, deren kulturelle Wurzeln unmittelbar von Byzanz geprägt wurden, verdeutlichen: Die traditionell westeuropäische Perspektive auf die Entwicklung der europäischen Geschichte und Kultur muss geweitet werden.“
Gebündelte Kompetenz in der Rhein-Main-Region
Zu den bedeutendsten Errungenschaften der zweiten Leibniz-Förderphase von 2019 bis 2025 zählen vor allem Strukturen für Forschung und Lehre in der Region: So wurde an der JGU das erste von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte transdisziplinäre Graduiertenkolleg zur Bedeutung der byzantinischen Kultur für Europa verlängert. Auch der internationale Masterstudiengang „Byzantine Studies. Perspectives on the Global Middle Ages“ an der JGU wurde akkreditiert. Prof. Dr. Dirk Wicke von der GU in Frankfurt, ebenfalls Vorstandsmitglied des WissenschaftsCampus, hebt zudem hervor: „Durch die gezielte Einrichtung einer Juniorprofessur für islamische Archäologie und Kunstgeschichte an der Goethe-Universität aus Mitteln der Volkswagen-Stiftung wurde das Spektrum der Fächer, die in der Byzanzforschung aktiv sind, in der Region maßgeblich erweitert.“
Perspektive über die Förderung hinaus
Die beteiligten Institutionen werden auch nach dem Auslaufen der Leibniz-Förderung ihre Zusammenarbeit fortsetzen. Ziel ist es, das Netzwerk um weitere nationale Partner auszubauen und das Zentrum für interdisziplinäre Byzanzforschung dauerhaft zu etablieren. Dazu sollen auch in Zukunft gemeinsame Forschungs- und Transferprojekte realisiert sowie koordinierte Drittmittelanträge gestellt werden. Auch die bald mehr als 30 Bände umfassende und international beachtete Publikationsreihe „Byzanz zwischen Orient und Okzident“ wird fortgeführt. Ab Juli 2025 wird jedoch – nach Ende der offiziellen Förderung – der Namenszusatz „Leibniz-“ des WissenschaftsCampus entfallen.
Die Leibniz-WissenschaftsCampi
Das Kooperationsmodell „WissenschaftsCampus“ wurde von der Leibniz-Gemeinschaft ins Leben gerufen, um Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in thematischen Schwerpunkten zu vernetzen. Der Leibniz-WissenschaftsCampus – Byzanz zwischen Orient und Okzident – Mainz war eine der ersten Initiativen dieser Art. Gegründet 2011, wurden nach einer Anschubfinanzierung der Leibniz-Gemeinschaft und einer Anschlussförderung durch das Land Rheinland-Pfalz in zwei erfolgreichen Förderphasen (2015–2019 und 2019–2025) die regionalen Kompetenzen zu einem deutschlandweit einzigartigen und international vernetzten Zentrum für interdisziplinäre Byzanzforschung zusammengeführt. Die Fördersumme durch die Leibniz-Gemeinschaft belief sich auf insgesamt rund 2,3 Millionen Euro.
Wissenschaftlicher Kontakt
Dr. Benjamin Fourlas
Geschäftsführer des Leibniz-WissenschaftsCampus „Byzanz zwischen Orient und Okzident – Mainz/Frankfurt“
Leibniz-Zentrum für Archäologie
Tel.: +49 (0) 6131 8885-168 | Mail: benjamin.fourlas(at)leiza.de
Pressestelle LEIZA | Leibniz-Zentrum für Archäologie
Stephanie Mayer-Bömoser M.A.
Tel.: +49 (0) 6131 8885 165 | Mail: stephanie.mayerboemoser(at)leiza.de
Weitere Informationen:
- Leibniz-WissenschaftsCampus „Byzanz zwischen Orient und Okzident – Mainz/Frankfurt“: https://www.byzanz-mainz.de/
- Publikationsreihe „Byzanz zwischen Orient und Okzident“: https://books.ub.uni-heidelberg.de/propylaeum/catalog/series/byzanzoo
- Graduiertenkolleg „Byzanz und die euromediterranen Kriegskulturen. Austausch, Abgrenzung und Rezeption“: https://grk-byzanz-kriegskulturen.uni-mainz.de/
- Leibniz-WissenschaftsCampi: https://www.leibniz-gemeinschaft.de/forschung/leibniz-wissenschaftscampi
Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA)
Das LEIZA erforscht als Leibniz-Forschungsinstitut und -museum für Archäologie den Menschen und seine Entwicklung auf Basis materieller Hinterlassenschaften aus drei Millionen Jahren zeit- und raumübergreifend. Die daraus gewonnenen grundlegenden Erkenntnisse verhelfen zum besseren Verständnis menschlichen Verhaltens und Handelns und der Entwicklung von Gesellschaften. Damit bereichert das LEIZA das Wissen zum Menschen um die archäologische Perspektive und schafft wesentliche Grundlagen für die Reflexion der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft. Mit der Archäologie versteht das LEIZA den Menschen in den Zusammenhängen und teilt die gewonnenen Erkenntnisse im internationalen Dialog. Das LEIZA ist weltweit tätig und betreibt bislang erfolgreich und umfassend Forschungen in verschiedenen Regionen Afrikas, Asiens und Europas. Die einzigartige Konzentration archäologischer, naturwissenschaftlicher, restauratorischer und informationstechnologischer Kompetenzen verbunden mit bedeutenden Werkstätten, Laboren und Archiven erlaubt es dabei, objektorientierte Forschung zur Archäologie der Alten Welt (Asien, Afrika, Europa) von den Anfängen der Menschheitsgeschichte bis in die Neuzeit zu betreiben. Als eines von acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft verbindet das LEIZA exzellente Wissenschaft mit Ausstellungen und ist mit seinem Bildungsauftrag gleichzeitig ein Ort des Dialoges mit der Öffentlichkeit.
Bis zur Umbenennung zum 1. Januar 2023 war das LEIZA international bekannt als Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM) und wurde im Jahr 1852 auf Beschluss der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in Mainz gegründet. Seit 2024 ist das LEIZA an insgesamt vier Standorten in Deutschland vertreten: Mainz, Neuwied, Mayen und Schleswig. www.leiza.de
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